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Bild: Gorodenkoff/Shutterstock

Neue PoE-Verfahren für mehr Verfügbarkeit


Perpetual und Fast PoE sollen heutigen Anforderungen gerecht werden.

Der Stromfluss ist unbestreitbar die Lebensader eines jeden Netzwerks. Seit nunmehr fast 20 Jahren speisen Ethernet-Switches ihre Clients mittels Power-over-Ethernet (PoE) auch mit Energie. Neue Funktionen wie Fast PoE bilden heute gemeinsam mit Perpetual PoE den neuesten Stand der Technik. Bevor wir uns den beiden neuen Verfahren widmen, um die es in diesem Artikel gehen soll, muss jedoch erst die Geschichte des Ethernets erzählt werden.

Kurz nach der erfolgreichen Mondlandung im Sommer 1969 wurde im Herbst des gleichen Jahres zwischen der UCLA in Los Angeles und dem Menlo Park im Silicon Valley das »Advanced Research Projects Agency Network«, kurz ARPANET, erfunden. Diese damals noch neue Technologie bildet den Ursprung unseres heutigen Internets. Damals wurde noch von Host zu Host mittels Modemverbindung übertragen. Bald darauf hielt Ethernet als Übertragungstechnologie seinen Einzug.

Von der ersten Erwähnung bis zum Standard

Ethernet erlaubt den Datenaustausch zwischen Endgeräten in einem Netzwerk und ist als Sicherungsschicht (Layer 2) die Basis für Netzwerkprotokolle, wie TCP/IP. Nach der erstmaligen Erwähnung in einem Memo des Xerox Palo Alto Research Center (PARC) im Jahr 1973 wurde diese Technik bereits wenige Jahre später, Anfang der 80er-Jahre, im Rahmen der IEEE-Arbeitsgruppe P802 standardisiert. Diese Standardisierung wurde in den Jahren danach und bis heute ständig erweitert. Der Name der Arbeitsgruppe P802 ist eng mit dem Gründungsdatum im Februar 1980 verbunden. Zunächst wurde mit IEEE 802.3 CSMA/CD ein solides Fundament geschaffen. 10Base5 Thick Ethernet, das Yellow Cable, war das Kabel dazu. Bald danach folgte die Nutzung von 10Base2, dem Thin Ethernet bzw. Cheapernet (preiswerte Ethernet-Variante mit dünnem Koaxialkabel), welches in der Montage deutlich einfacher zu handhaben war.

Was noch in den 80er-Jahren als kleine Lösung begann und in den 90er-Jahren bereits größere Computernetzwerke miteinander verband, ist heute de facto das Standardprotokoll für Local Area Networks (LANs) und Wide Area Networks (WANs) und damit allgegenwärtig. Mit der Einführung des Twisted-Pair-Kabels, welches sternförmig an einen Ethernet-Switch angeschlossen wird und die Clients mit dem LAN verbindet, entstand die Idee, die Endgeräte über diese Verbindung auch mit Strom zu versorgen. Die Grundlage dafür wurde im Jahr 2003 mit dem Standard IEEE 802.3af gelegt. Die damals noch satten 12,95 W Leistung auf Verbraucherseite, dem Powered Device (PD), sollten jedoch bald nicht mehr ausreichen. Der große Vorteil von PoE ist, dass keine zusätzliche Stromversorgung zu den Endgeräten verlegt werden muss. Damit wird die Installation einfacher und billiger.

Neben IP-Telefonen und kleinen Switches sind auch Überwachungskameras, Wireless LAN Access Points, andere Bluetooth-Geräte oder sogar kleine Server dankbare, jedoch auch hungrige Stromabnehmer. Der Stromappetit machte es notwendig, die Standardisierung für PoE zu erweitern. Dem ursprünglichen 802.3af PoE (Type 1) folgte bald 802.3at PoE+ (Type 2). Damit standen schon 25,5 W am Powered Device zur Verfügung. Mit 802.3bt PoE++ (Type 3 + 4) wurde dann der momentan gültige Standardisierungsstatus erreicht.

Weg zur effizienteren PoE-Lösung

Die eigentliche Übertragung des Stroms fand bei Ethernet oder Fast Ethernet in der Regel auf den nicht genutzten Aderpaaren 4, 5 und 7, 8 statt (Spare-Pair-Speisung). Heute werden alle Aderpaare für die Ethernet-Datenübertragung genutzt, so z. B. bei Gigabit-Ethernet (1GBASE-T, 2.5GBASE-T, 5GBASE-T oder 10GBASE-T). Damit ist eine Einspeisung auch auf den datenführenden Aderpaaren notwendig (Phantomspeisung). Auf jetzt bis zu vier Aderpaaren wird das Endgerät mit Energie versorgt. Die Übertragungsverluste sind jedoch enorm. Von den bei IEEE 802.3bt maximalen 100 W Eingangsleistung beträgt die Nutzleistung am Endgerät (PD) nur noch 71,3 W. Je mehr Strom auf einem Kabel fließt, umso höher ist auch die zu erwartende Wärme, die durch den Leitungswiderstand bedingt ist. Der Leitungswiderstand hängt u. a. vom Querschnitt des Kabels ab. Die Erwärmung des Kabels erhöht wiederum den Widerstand. Ein Teufelskreis. Hinzu kommt, dass wärmere Kabel einen höheren Dämpfungswert haben, was sich negativ auf die Datenübertragungsrate
auswirken kann. Je kürzer die Kabellänge und je größer der Querschnitt ist, desto effizienter ist die PoE-Lösung.

Zum Autor:


René Princz-Schelter ist Vice President Technical Sales and Service für die EMEA-Region bei Alcatel-Lucent Enterprise. Auf Tagungen des VAF hält er Fachvorträge zu Trends und Spezialthemen in der ITK-Technik.

 

Gegenüberstellung der Features von Fast und Perpetual PoE

Perpetual PoE und Fast PoE

Ein Rückgang des Energiehungers aufseiten der Endgeräte ist nicht zu erwarten. Das Gegenteil ist der Fall. In der Zukunft liegende Anwendungsszenarien lassen sich am Beispiel der »digitalen Zimmerdecke« gut illustrieren. Im Wesentlichen sind dies das in die »digital ceiling« integrierte Licht, die neuen Bluetooth-Sensoren, die Überwachungskameras und vor allem die Raumklimatisierung (AC), die alle mit Strom versorgt werden wollen. Hier kommt eine ganz neue Anforderung an PoE hinzu, die über die reine Debatte über immer mehr Strom hinausgeht. Anwendungen wie durch PoE gespeiste Gebäudebeleuchtung fordern nicht nur immer mehr Strom, sondern verlangen nach einer verbesserten Dienstgüte im Hinblick auf die Verfügbarkeit. Alles dreht sich hier um die möglichst hohe Unterbrechungsfreiheit des PoE-Service. Im Falle von PoE-gespeistem Licht kann man es sogar mit dem eigenen Auge sehen. Der Raum bleibt nach dem Einschalten des Ethernet-Switches noch zunächst für drei bis fünf Minuten dunkel. So lange dauert es in der Regel, bis ein Switch
gestartet ist und alle seine Services in Betrieb gegangen sind. Ein redundantes Netzteil kann eine PoE-Unterbrechung in vielen Fällen verhindern, sofern zwei Stromkreise für die Einspeisung zur Verfügung stehen. Im Falle von Wartungsarbeiten am Switch greift dieses Ausfallkonzept jedoch kaum. Fast PoE greift hier an. Diese Funktion schaltet die Stromversorgung ein, ohne auf das Hochfahren des Betriebssystems des Switches zu warten. Wenn an einem bestimmten Port aktiviert, versorgt der Switch die angeschlossenen
Endgeräte innerhalb kürzester Zeit mit Strom. Dies erlaubt es dem angeschlossenen Gerät, z. B. einem Access Point für WLAN, bereits seinerseits mit dem Booten zu beginnen. Das verkürzt die Downtime enorm. Anstatt alle Komponenten sequenziell hochzufahren, erfolgt der Ladevorgang parallel. Ein Ethernet-Link besteht jetzt zwar noch nicht, denn der Switch ist noch nicht betriebsbereit, doch der angeschlossene WLAN Access Point kann bereits parallel mit seiner eigenen Initialisierung beginnen. Im Endergebnis steht der Dienst WLAN schneller bereit als ohne Fast-PoE-Funktion. Im Falle der »digitalen Decke« geht dann bereits innerhalb von Sekunden das Licht wieder an. Wie in Bild 2 zu sehen, ergänzt Perpetual PoE dieses Ausfallkonzept um eine weitere Komponente. Perpetual PoE bietet eine unterbrechungsfreie Stromversorgung für angeschlossene Geräte, auch wenn der PSESwitch (Power Sourcing Equipment) einen Neustart seines Betriebssystems durchführt. Dadurch wird die Wartungsfreundlichkeit enorm verbessert, denn System-Updates können so auch während der normalen Bürostunden durchgeführt werden. Alles läuft einfach weiter. Das Licht bleibt an. Idealerweise werden Perpetual PoE und Fast PoE in Kombination eingesetzt.

Veröffentlicht am: 22.04.2022